Mittwoch, 11. Oktober 2006
Ich bin Deutsche - und das ist gut so...?!
Irgendwo hab ich mal gelesen, dass man wenn man in einem fremden Land lebt, eigentlich nicht dieses Land kennen lernt sondern sein Heimatland. Durch den Kontrast bemerkt man erst die eigenen Eigenarten (und Eigenartigkeiten). Dem kann ich nur voll zustimmen. So richtig Deutsch fühle ich mich erst seit ich im Ausland lebe. Offen gestanden war das früher nicht immer ein gutes Gefühl. Ich erinnere mich z.B. gut, wie, als ich in Irland wohnte, ein Irischer Kollege mal zu mir meinte, „Du bist ja richtig witzig, dabei dachte ich immer Deutsche haben keinen Humor.“ Oft bin ich mit den typisch Deutschen Stereotypen kollidiert und wollte mich gerne meilenweit davon absetzen. Ich habe z.B. immer gerne betont ich sei ja eigentlich Europäerin.
Heute sehe ich das etwas gelassener und kann sehr gut mit dem Deutsch-sein leben (zu schreiben ich sei stolz drauf ist ja politisch unkorrekt). Ich vermute das kommt mit dem Alter, wo im Gegensatz zum Teenie nicht mehr das Bedürfnis verspüre mich überall anpassen zu müssen. Früher dachte ich wirklich ich müsste eine Irin, Chinesin, Französin, Malayin sein. Bloß nicht unangenehm Deutsch auffallen.
Ich bin gerne pünktlich, gut vorbereitet, ich sage gerne und ehrlich meine Meinung, ich mag es wenn ich mich auf andere verlassen kann und andere sich auf mich, wenn ich sage ‚komm doch mal vorbei“ oder „ich helfe dir gerne“, dann meine ich das auch so. Ich bin oft kritisch (hab was zu meckern), weiß gerne mal was besser, ich bin groß und blond. Ich reserviere meinen Liegestuhl am Pool nicht morgens um sechs bereits mit einem Handtuch. Ich bin nicht humorlos. Ich bin nicht arbeitssüchtig. Ich habe keinen Gartenzwerg. Alles in allem ist das doch OK, oder?

Was mir wirklich Leid tut, ist das ich den Kontakt zur Deutschen Sprache so verloren habe. In den letzten Jahren hab ich fast nur Englisch geschrieben und gelesen. Ich merke dass darunter meine Ausdrucksfähigkeit schwer gelitten hat. Heute fühle ich mich wenn ich schreibe im Englischen sicherer als im Deutschen. Das finde ich schrecklich. Wir haben so eine schöne Sprache. Und deswegen schreibe ich diesen Blog ganz bewusst Deutsch und nicht Englisch, auch wenn ich auf Englisch mehr Freunde erreichen könnte. Ich hoffe mit fortschreitender Zeit und Schreibe, wird sich der Zustand bessern.

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Alleine, dass Du "Deutsch" oder nicht "auf Englisch" schreibst, zeigt, dass Deine Ausdrucksweise noch wohl erhalten ist.
In Deutschland schreibt seit es Tomb Raider "Komplett in Deutsch" gab, jeder nur noch "in" und nicht mehr "auf". Wirklich jeder.

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Das nennt man dann wohl "ingedeutscht" ;-)

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Das Denken in einer anderen Sprache
Ich finde nicht, dass Deine Ausdrucksfähigkeit gelitten hat, zumindest ich empfinde das nicht so! Ich glaube eher, das Gefühl, den Kontakt zu einer Sprache verloren zu haben, geht mit dem Denken in einer Sprache einher. Und wenn man tagtäglich englisch spricht, denkt man zwangsläufig auch englisch. Das ist aber doch nicht schrecklich.
Ich selbst bewundere Menschen, die mehr als eine Sprache fließend sprechen können. Ich behaupte von mir, dass ich englisch sehr gut verstehe, aber das Sprechen fällt mir wesentlich schwerer - weil mir eben die Übung fehlt.
Ich schicke meinen 5jährigen Sohn übrigens jetzt zum Englisch-Kurs im Kindergarten. Die Kinder lernen dort aber nicht wie in der Schule, sondern durch Immersion. D.h. genauso wie Babys die Sprache ihrer Eltern lernen.

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Ich bin zwar keine Deutsche, aber ich mag Deutsche und Deutschland. Und - ehrlich gesagt, auch wenns die Österreicher nicht so gerne hören wollen, Ö und D sind sich schon recht ähnlich. Und dass Deutsche keinen humor haben stimmt ja auch nicht.
Allgemein mag ich ja diese Kategorisierung und Katalogisierung von Nationalitäten nicht sosehr, wenn man dann aber schon ein paar interkulturelle Fettnäpfe durchwandert hat, dann weiß man, so weit hergeholt ist es nicht.

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Geht nie verloren...
Die Sprache als Werkzeug zum Denken und zur Kommunikation, zwei grundverschiedene Funktionen. Mit zwei Staatsangehörigkeiten gesegnet aber fast ein Leben lang in Deutschland gelebt, fallen beide Funktionen unweigerlich und ohne Schwierigkeiten zusammen. Halte ich mich aber im anderen Land auf, schaltet mein Denken sofort in die dortige Sprache um, ich verstehe alles ohne die geringste Schwierigkeit, trotzdem fällt die Kommunikation zunächst schwer, weil genau die Begriffe des alltäglichen Lebens nicht unmittelbar parat sind, obwohl vom Redefluss und von der Aussprache niemand erkennen kann, dass ich eigentlich "mehr Ausländer" als Einheimischer bin. Je länger ich mich aber im Land selbst aufhalte, umso geringer wird diese Diskrepanz. Dasselbe geschah übrigens sogar mit einer echten "Fremdsprache", als ich für drei Jahre in Italien lebte. Die Süditaliener hielten mich für einen Norditaliener von der Aussprache her. Aber wehe ich war dienstlich einige Tage wieder in Deutschland: danach war für mehrere Tage die "teutonische Schwerfälligkeit" eindeutig zu hören.

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Ach den Kontakt mit deiner Heimatsprache findest du recht schnell wieder, sobald du fuer ein paar Monate wieder in Deutschland bist. Und ansonsten kannst du dich ja mit deutschen Buechern und dem Blog auf einem durchaus akzeptablem Level halten...;-)

Das mit dem Deutsch sein ging mir frueher auch etwas schwer ueber die Lippen. Wahrscheinlich gepraegt durch die lieben Eltern. Zum Glueck sehe ich das aber schon laenger aehnlich wie du und bin so manches Mal richtig froh aus Deutschland zu kommen, wenn man sich so die aussenpolitische Haltung Deutschlands in den letzten Jahren anschaut.
Wie beschaemend waere es Amerikaner zu sein...

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Das erste Mal, dass ich froh war kein Amerikaner zu sein war nachdem ich den Peace Memorial Park und das Museum in Hiroshima besucht hatte. Da hab ich beim rausgehen gedacht, hoffentlich halten die mich jetzt nicht fuer eine Amerikanerin.

Mein grosses Manko ist die Deutsche Zeichensetzung, da bin ich eher Anarcho. Ich habe schon als Kind gedacht dass Zeichensetzung meinen kreative Ausdruck behindert. Leider waren meine Deutschlehrer da nicht so liberal. Freiheit fuer den Denkfluss - weg mit den Kommas (oder Kommata). Oder wech auch mit die Kommasse, wie man bei uns sagen tut.

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