Dienstag, 19. Dezember 2006
Kleine Reisepassmeditation
Wenn das Flugzeug Verspätung hat, dann macht man manchmal aus Verzweiflung und Langweile seltsame Dinge. Z.B im Reisepass lesen.

Beim Lesen in meinem Reisepass, habe ich festgestellt, dass ich nur noch eine einzige freie Seite darin habe. Seite 32 ist noch ganz jungfräulich und ungestempelt.
Morgen am Abend, wenn ich Brasilien endgültig verlasse, wird mir ein netter Brasilianischer Beamter meinen letzten Stempel geben und meinen Aufenthalt samt Steuerpflicht beenden. Mit diesem Stempel wird ein ganzer Lebensabschnitt abgestempelt: Meine Lehr- und Wanderjahre. … Fast 10 Jahre bin ich kreuz und quer durch die Welt getingelt nur um am Ende festzustellen - oh welche Überraschung - dass es zuhause doch am schönsten ist. Klingt nach platter Binsenweisheit, ist aber so. Man muss es allerdings selbst erfahren, bevor man es glaubt. Also: Gute Reise!

Während ich meinen, an den Kanten abgenutzten, weinroten kleinen Reisepass zärtlich streichle, muss ich auch daran denken wie viele Menschen auf dieser Welt gar keinen Reisepass haben. Nicht jeder kann reisen wohin er will. Manche haben nicht mal eine Staatsbürgerschaft oder überhaupt irgendwelche Papiere. So viele, die ihre Meinung nicht offen sagen, ihre Überzeugung nicht Leben dürfen… Wir Deutschen wissen unsere (Reise-, Meinungs-, Überzeugungs-)Freiheit leider oft nicht zu schätzen.

Auf dem 8 Jahre alten Bild in meinem Reisepass lächle ich scheu in eine, damals noch unbekannte, Zukunft voller Abenteuer und Entdeckungen.

Heute sitze ich wieder auf einer großen Kiste unausgepackter Zukunft. Ich sehe keinen Grund nicht weiterzulächeln. Schauen wir mal was drin ist, oder?

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