Freitag, 27. Oktober 2006
Wahlfreiheit – ein Paradoxon?
Nachdem ich gestern meine Probleme mit großen Gedanken beschrieben habe, schreibe ich heute mal über einen mittelgroßen Gedanken den ich mir die letzten Tage immer wieder mal gemacht habe.
Letztes Wochenende habe ich mir ein paar TED Vorträge (Extrem empfehlenswert, ich danke dem Internet auf Knien dass es mir Zugang zu derartig interessanten Bildungshäppchen ermöglicht) angeschaut, unter anderem auch die Vorträge von Dan Gilbert zum Thema Glücklichsein und Barry Schwartz zum Thema Paradox of choice. Laienhaft vereinfacht und zusammengefasst kann man sagen, dass größere Wahlmöglichkeiten im Leben einen nicht unbedingt glücklicher machen, eher im Gegenteil.

Wenn wir keine Wahl haben, sind wir eher bereit, das was wir haben zu akzeptieren und sind damit dann einfach zufrieden. Oft verlieben wir uns nachträglich noch in das besagte Objekt und denken es uns schön. Das nennt man dann synthetisches Glück. Also selbstgemachtes Glück. Glück kann jeder selbst machen. Im Frontalhirnlappen (oder so). Auch eine wichtige Erkenntnis. Es soll ja Leute geben die meinen (und erwarten) Andere und Anderes müssten sie glücklich machen.

Wenn wir allerdings die Auswahl haben, dann streben wir sogleich nach Perfektion, setzten uns unter Druck, um auch ja die optimale Wahl zu treffen. Nachher sind wir mit dem Gewählten oft unzufrieden, es hätte ja etwas anderes vielleicht doch noch besser sein können und wir haben unter Umständen mit unserer Wahl einen Fehler begangen. Gruebelgruebel…Bereubereu?
Ist das dann wirklich Wahl FREIHEIT? Sind wir nicht sogar, sobald wir selbst bestimmen müssen, sofort dem Zwang und der Begrenzung aller möglichen Konventionen und inneren und äußeren Erwartungen ausgesetzt?
Im Umkehrschluss bedeutet das, dass wenn wir uns befreien wollten, wir die Wahlmöglichkeiten in unserem Leben reduzieren müssten. Vielleicht ist es dass, was z.B. Fundamentalisten (jeglicher Art) uns voraus haben. Sie entscheiden sich einmal für ein Gesamtkonzept und ersparen sich in Folge viele kleine nervenaufreibende und zeitfressende Entscheidungen.
Wenn ich auf meine eigenen Lebenserfahrungen zurückschaue, dann stelle ich mit Erstaunen fest, dass dieses These durchaus zutrifft. Ein Beispiel: Selten habe ich mich besser an Körper und Geist erholt als in der einen Woche Kontemplation und Schweigen in einem Meditationshaus. Der Tagesablauf ist von morgens um 7 Uhr bis abends um 21 Uhr 30 komplett durchgeplant und organisiert. Es gibt nicht zu entscheiden, wann steh ich auf, wann und was esse ich, was mache ich dann. Dank des Schweigens muss ich noch nicht einmal überlegen, was sage ich wann zu wem und warum hat er oder sie was wann zu mir gesagt. Ich muss einfach nur da sein. Unglaublich wie beruhigend das ist und wie frei ich mich noch Wochen später gefühlt habe. Das war allerdings gewählte Wahllosigkeit. Wenn andere (Chef, Partner, Regierung, Nachbar, …) meine Wahlfreiheit einschränken wollen, dann gehe ich auf die Barrikaden.

Finger weg von meinen unbegrenzten Möglichkeiten (des mich Unglücklichmachens)!

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